Wie bei jeder chronischen Erkrankung – und darum handelt es sich bei der Endometriose zumeist – ist es wichtig, sich der eigenen Ressourcen (hier: Gestaltungsmöglichkeiten) zu besinnen und diese zu stärken. Aus psychologische Sicht sind dabei mehrere Punkte wichtig: Chronische Erkrankungen bringen meist Einschränkungen mit sich. Wenn der Blick dann überwiegend auf diese Einschränkungen gerichtet ist, also auf das, was nicht (mehr) geht, besteht das Risiko einer „Problemtrance“, einer Negativspirale, die Sie lähmen und entmutigen kann. Hier ist es wichtig, mehr die positiven Aspekte, die Kraftquellen aktiv in den Fokus zu nehmen. Hierzu können Sie ein „Positiv“-Tagebuch schreiben (also jeden Tag vier Dinge aufschreiben, die den Tag besser gemacht haben; s. Wischmann & Ditzen, S. 182), oder „Glückskekszettel“ sammeln (Broschüre, S. 17.)
Ein weiteres sinnvolles Konzept zum Umgang mit Endometriose heißt „radikale Akzeptanz“: Endometriose ist ein ungebetener Gast, der nicht eingeladen wurde, aber jetzt erstmal bleibt. Es gilt, der Endometriose eine Ecke in ihrem Alltag zuzuweisen, in der sie Sie möglichst wenig dominiert. Damit zusammenhängend ist es sinnvoll, sich mit der Hoffnung auseinanderzusetzen: Es gibt kraftgebende Hoffnung (eine realistische Hoffnung, die Anknüpfungspunkt für Handlungen in Ihrem Alltag bietet), und kräftezehrende Hoffnung (eine Hoffnung, die unrealistische und für Sie aktuell unerreichbare Ziele vorgibt).
Posttraumatisches Wachstum bedeutet, das Menschen auch gestärkt aus dauerhaft stark belastenden Lebensumständen hervorgehen können, und nicht nur leidend und geschwächt. Für die Bewältigung von Endometriose können für Sie also auch Übungen hilfreich sein, die im Zusammenhang mit Traumatherapie entwickelt wurden (z. B. „safe place“-Übung, „Lichtübung“, „reinigender Wasserfall“; s. Spangenberg 2023, S. 141f). Auch die „SOS“-Tipps von V. V. Wagner haben hier ihren Platz (Wagner 2023). Schließlich macht es Sinn, wenn Sie der Erkrankung Endometriose möglichst aktiv-konfrontierend begegnen, vielleicht sogar Sinn aus dem Erlebten schöpfen können, während eine aktiv-vermeidende Bewältigungsstrategie („Aus dem Weg gehen“) eher ungünstige Auswirkungen hat (nicht gleichzusetzen mit „Für mich sorgen und entspannen“; Wischmann & Ditzen, S. 181).
Literatur:
„Endometriose, Sexualität und Partnerschaft“. Broschüre der Endometriose-Vereinigung, erstellt 2023 von www.endo-netz.org)
Spangenberg E (2023) Dem Leben wieder trauen. Traumaheilung nach sexueller Gewalt. Patmos Verlag
Wagner VV (2023) Leben mit Endometriose. Selbsthilfe bei Schmerzen und praktische Tipps für den Alltag. Südwest Verlag
Wischmann T, Ditzen B (2024): „Ärztliche Gesprächsführung und psychologische Beratung bei Endometriose“. Die Gynäkologie (57), 177-187.